Ich bin an der Flensburger Förde aufgewachsen und erinnere mich als Kind noch gut, wie in den Sommermonaten eine schwarze Rauchwolke über der Förde des Weges zog. Die ALEXANDRA war unterwegs. 1975 war damit Schluss. Als dann 1980 eine Bürgerinitiative zur Rettung von Flensburgs Wahrzeichen aufrief, stolperte ich als 14jähriger Jung blauäugig an Bord und blieb dort hängen. Schnell zog es mich in den dunklen, rostigen und kalten Maschinenraum. Bis es dort hell, sauber und warm wurde, sollten noch einige Jahre vergehen. Also zog ich in die große, weite Welt, um Dampfschiffe in Aktion zu sehen. Die Auswahl war sehr überschaubar. In dem Welthafen Hamburg dampfte nur der Schlepper TIGER des Museumshafen Oevelgönne, in Lauenburg paddelte der Raddampfer KAISER WILHELM auf der „Ersten deutschen Museumsdampferlinie“. Ansonsten dümpelten noch manche Auflieger herum. Beispielsweise stand ich im Sommer 1981 in dem Bauhof Wedel vor dem riesigen Eisbrecher STETTIN. „Der geht in den Schrott“ hieß es damals. Ein Jahr später dampfte das Kraftpaket zur Kieler Woche. Ein neu gegründeter Verein rettete das Schiff vor der besagten Verschrottung und musterte Freiwillige an, seinerzeit eine kleine, große Sensation. Sofort heuerte ich als Heizer an. An Bord gab es noch Diskussion, ob das mit dem Jugendschutzgesetz vereinbar sei. Auch konnte ich noch die letzten Zuckungen des echten Dampfzeitalters erleben. Unvergessen sind die Einsätze des Eisbrechers WAL auf dem Nord- Ostsee- Kanal oder der quietschende Eimerkettenbagger RITZEBÜTTEL in Cuxhaven. Zeitgleich bekam die Dampferszene Stück für Stück Nachwuchs: Im März 1984 kaufte der Museumshafen Kappeln den Schleppdampfer WOLTMAN aus Holland zurück, im Mai desselben Jahres wurde bei Blohm + Voss die Dampfbarkasse OTTO LAUFFER in Dienst gestellt und kurz darauf übernahm der Museumshafen Oevelgönne den Schleppdampfer CLAUS D.. Und immer war ich irgendwie dabei. Auch hatte ich die Ehre, Ende 1988 endlich den Kessel der ALEXANDRA wieder anzuheizen. Rückblickend hatte ich in den 1980er Jahren das große Glück, das Ende des regulären Dampfzeitalters und das Aufblühen der Dampferszene aktiv mitzuerleben. Ich lernte von alten Fischdampferheizern die Kunst des Heizens, gestandene Dampfhasen lehrten mir den Umgang mit der klassischen Schiffskolbendampfmaschine.
Aus dem Hobby wurde Beruf. Nach dem Abitur studierte ich an der Fachhochschule Flensburg Maschinenbau- Energietechnik. Das Studium zog sich ein wenig, schließlich war ich öfter an Bord von Schiffen als im Lehrsaal der Schule. Nach der Übergabe der Diplom Urkunde kam die Phase der Selbstverwirklichung. Erst ein bisschen Seefahrt, dann veranstalte ich das Flensburger DAMPF RUNDUM, pflegte Kontakte im In- und Ausland, war als rasender Reporter immer an der Front, organisierte Nostalgiereisen, hielt Vorträge, schrieb Bücher und fuhr und bastelte auf den Schiffen. 2002 vollzog ich schließlich den Schritt in das „richtige“ Berufsleben. Bei namenhaften Maschinen- und Kesselherstellern baute ich als Projektingenieur Dampfkraftanlagen für industrielle Anwendungen. Vom kleinen Sägewerk mitten im Busch bis zum großen Heizkraftwerk mitten in Europa war alles dabei. Keine Frage: Im Laufe der Jahrzehnte habe ich mich zu einem ausgesprochenen Dampfspezialisten entwickelt, und zwar klassisch von der Pike, eher Kohleschaufel, auf gelernt. Historische Schiffe und landseitig Industriegeschichte blieben ungemindert mein Hobby.
Die Energiewende in Deutschland stellt die Branche auf den Kopf. Die erneuerbaren Energien verdrängen die konventionellen, und das schneller als erwartet. Kohle, Öl und Gas sind immer weniger gefragt und damit auch das Knowhow. Zeitgleich wächst bei den Traditionsschiffen der Bedarf an professionellen Dienstleistern. Für mich war das im Jahr 2016 der Schritt in die Selbstständigkeit als Sachverständiger für Traditionsschiffe.
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